Auf den Spuren der Geschichte
Familiaren des Deutschen Ordens besuchen historische Wirkungsstätten ihrer Gemeinschaft.
Ein ungewohntes und imposantes Bild hat sich den Gottesdienstbesucherinnen und -besuchern in der Kirche St. Alban geboten. In den vorderen Bänken saßen Gäste in schwarzen Umhängen mit einem auffälligen Emblem auf der linken Seite: einem schwarzen Kreuz auf weißem Grund. Das Zeichen wies sie als Mitglieder des Deutschen Ordens aus.
Die Familiaren der Komturei „An Tauber, Neckar und Bodensee“ waren nach Kirchhausen gekommen, um ein Pontifikalamt mit Weihbischof Thomas Maria Renz, ebenfalls Familiare des Ordens, zu feiern. Was ist ein Familiare? „Ein Familiare gehört der Ordensfamilie an“, erklärte Florian Reis im Gottesdienst. Reis steht als Komtur den Familiaren der geografischen Gliederung „An Tauber, Neckar und Bodensee“ vor.
Zu der Gruppe der Familiaren gehören Personen aus dem geistlichen oder weltlichen Bereich, die sich mit den Zielen des Deutschen Ordens identifizieren und die Ordenswerke unterstützen. „Helfen, Heilen, Wehren“, lauten die historischen Ordensideale. Geschah das Wehren früher mit dem Schwert der Ordensritter, so bedeute es heute, für den Glauben in der Öffentlichkeit einzustehen, erklärte Reis.
Weihbischof Renz griff das in seiner Predigt auf. Er schlug den Bogen vom Mantel der Ordensangehörigen zum Taufkleid – beides Zeichen einer inneren Haltung. So müsse dem Habit auch der Habitus entsprechen. Wie Renz ausführte, sollte der Blick wieder stärker auf das „allgemeine Priestertum aller Getauften“ gelenkt werden.
Nach dem Gottesdienst versammelten sich die Familiaren im Hof des Deutschordensschlosses in Kirchhausen. In dem Gebäude aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts befindet sich heute das Bürgeramt des Heilbronner Stadtteils. Erster Bürgermeister Martin Diepgen freute sich über die Gäste. Er erinnerte an die Geschichte von Stadt und Orden. Im 13. Jahrhundert gründete der Orden eine Niederlassung in Heilbronn. Davon zeugt bis heute der Gebäudekomplex des Deutschhofs. Die Beziehungen zwischen Stadt und Orden waren dabei durchaus wechselhaft. So erwähnte Diepgen den Streit ums Wasserrecht im 14. Jahrhundert.
Das Schloss in Kirchhausen erfuhr im Laufe der Zeit unterschiedliche Verwendungen. Heute ist es für Paare eine beliebte Kulisse für Hochzeiten, wie Martin Neubauer, der Leiter des Bürgeramtes, erklärte. „Ich genieße es, in so einem historischen Gebäude meinen Arbeitsplatz zu haben“, sagte er. Pfarrer Felix Dolderer sprach einen kurzen Segen.
Während des Conveniat, also der Zusammenkunft, hatten die Familiaren zuvor auch Gundelsheim und Neckarsulm besichtigt. Auch diese Orte hatte der Deutsche Orden in vergangenen Jahrhunderten geprägt. Bei ihren Zusammenkünften spüren die Familiaren der Geschichte des Deutschen Ordens nach. „Den Kern bildet immer eine Messe“, sagte Reis.
Das Conveniat hatte diesmal Thiemo Ackermann aus Kirchhausen organisiert. Der 44-Jährige wurde vor zehn Jahren als einer der Jüngsten in den Kreis der Familiaren aufgenommen.
Conveniat der Komturei „An Tauber, Neckar und Bodensee“
Beitrag der Komturei
Sonntag, 11.10.2020 um 10:00 Uhr Pontifikalamt in St. Alban in Kirchhausen mit Seiner Exzellenz, dem Hochwürdigsten Herrn Weihbischof Thomas Maria Renz FamOT.
Von Freitag, 09.10.2020 bis Sonntag, 11.10.2020 veranstaltete die Komturei „An Tauber, Neckar und Bodensee“ des Deutschen Ordens, der vollständig „Orden der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem“ heißt, ein Conveniat in und um Kirchhausen. Einer der Höhepunkte war das Pontifikalamt. Wir haben uns gefreut, den Weihbischof – welcher selbst Familiare des Deutschen Ordens ist – in Kirchhausen zu diesem besonderen Anlass willkommen heißen zu dürfen. Alle Gläubigen waren zur Mitfeier eingeladen. Der Deutsche Orden blickt auf eine lange und ereignisreiche über 800 Jahre lange Geschichte zurück.
Im Jahr 1190, während des dritten Kreuzzuges, vor der Hafenstadt Akkon im Heiligen Land zunächst als Hospitalbruderschaft gegründet, wurde er bereits 1198 in einen geistlichen Ritterorden umgewandelt und bestand als solcher über 700 Jahre bis er 1929 seine heutige Gestalt erhielt. Er ist ein klerikales Ordensinstitut päpstlichen Rechts, dem die Kongregation der Deutschordensschwestern ein- und das Familiareninstitut angegliedert ist. In Deutschland – nach der Säkularisation existierte der Orden hier nicht mehr – ist er seit 1945 wieder tätig. Im Prolog des Ordensbuches heißt es: „Echte Ritterschaft kennt nicht nur die zeitgebundene Form des Schwertkampfes, die vergangen ist; vielmehr ist der Einsatz für Christi Reich, der Schutz der Wehrlosen, die Hilfe für die Misshandelten, Bedrängten, Verachteten und Notleidenden die eigentliche Haltung des ritterlichen Menschen.“ Diese Haltung suchen die Brüder, Schwestern und Familiaren des Deutschen Ordens getreu dem Ordensmotto „Helfen, Wehren und Heilen“ gemeinsam zu verwirklichen.
Das seit 1965 vom Apostolischen Stuhl approbierte Institut der Familiaren wurde nach dem Vorbild der in den mittelalterlichen Ordensregeln genannten „familiares“ errichtet. Die Familiaren, auch Marianer genannt, sind dem Orden geistlicherweise verbunden, bilden im Sinne des Kirchenrechtes eine öffentliche Vereinigung und unterstehen nur der Autorität des Hochmeisters und des Papstes. Der 66. Hochmeister des Deutschen Ordens, Seine Exzellenz, der Hochwürdigste Herr Hochmeister, Generalabt Frank Bayard OT ist seit Sommer 2018 in Amt und Würden. Mit seinen 47 Jahren ist er ein ausgesprochen jugendlicher, weltoffener und moderner Hochmeister. Den Familiaren gehören Männer und Frauen an, die den Orden in seinen Werken und Anliegen unterstützen und sich so um den Orden verdient machen. Sie unterstützen den Orden aber auch im Gebet und haben Anteil an den Gebeten und guten Werken der Brüder und Schwestern des Ordens, auch über ihren Tod hinaus. Die Familiaren erhalten bei der Feier der Aufnahme das Kreuz des Ordens und den Ordensmantel. Ihr Selbstverständnis und ihr Wirken für den Orden wird durch das „Statut der öffentlichen Vereinigung der Familiaren des Deutschen Ordens Sankt Mariens in Jerusalem“ sowie den „Durchführungsbestimmungen zum Apostolischen Statut der Familiaren“ geregelt und gestaltet. Das Institut der Familiaren gliedert sich in Balleien und (selbständige) Komtureien, denen der Balleimeister bzw. der Komtur vorsteht.
Der Deutsche Orden engagiert sich mit seinen Ordenswerken bundesweit in über 60 sozialen Einrichtungen. Rund 2900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich täglich um die Bedürfnisse und Wünsche der ihnen anvertrauten Menschen in Häusern, Kliniken und Zentren für Senioren, Kinder- und Jugendliche, Suchtkranke und beeinträchtigte Menschen. Die Regentschaft des Deutschen Ordens in Kirchhausen begann 1435 und endete 1806. Seitdem ist dies die zweite Zusammenkunft in der Gemeinde. Die letzte war am 17. Mai 1987, also vor 33 Jahren.